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Die Vorrgeschichte – das Vorfeeling

 Beim Adventlauf 2002 in Rechnitz überzeugten mich die Ultraläufer davon, dass ein 10 Stundenlauf ganz etwas besonderes sei. Ich war davon sofort begeistert und teilte mein Vorhaben auch meinen Laufkollegen mit, von denen ich aber nur müde belächelt wurde. Daher sprach ich nicht mehr darüber, sondern habe mein Trainingsprogramm einfach durchgezogen.

Im Marathonlauf habe ich ja zur Genüge Erfahrung gesammelt, doch wie sieht es bei einem 10 Stundenlauf aus? Tipps und Tricks von Reni und Herbert Gossi halfen mir sehr weiter, somit nahm ich den Rat, auch die Rückenmuskulatur, Bauch und Oberkörper zu stärken, wahr. Nach meinen schweren Darmoperationen schadete es auch meinen Bauchgeflecht nicht, dieses nach 4 Jahren wieder einmal zu stärken. Ca. 40 mal suchte ich das Fitnesscenter auf. Radfahren, schwimmen und regelmäßige Massagen hielten mich trotz meines großen wöchentlichen Laufumfanges verletzungsfrei.

Ab dem Zeitpunkt meiner Ultralaufpremiere beim 6 Stundenlauf in Mank nahm ich dann das Vorhaben „10 Stundenlauf“ sehr ernst. Alle waren besorgt, ob ich möglicherweise zuviel trainiere. Auch ich war mir nicht immer ganz sicher, ob ich alles richtig mache. Beim Wienerwald-Marathon holte ich mir noch wichtige Ratschläge von den Ultra’s Peischl Otto und Pröll Reimar.

Bis jetzt legte ich dieses Jahr 2730 Laufkilometer zurück, daher hat mir der Veranstalter gleich die Startnummer 3 zugewiesen. Dies bedeutete für mich eine große Ehre, doch fühle ich mich in der Favoritenrolle auch wirklich wohl?

Bei Trainingsbeginn letzten Winter war mein Fernziel für den 10 Stundenlauf 80 km, es wurden immer mehr, und am Renntag habe ich mir 100 km als Ziel gesetzt. Doch es ist mein erster Versuch, und wenn ich vorzeitig aussteigen sollte, dürfte ich auch nicht unzufrieden sein. Jeder gab mir den Ratschlag, nicht zu schnell zu beginnen. Ich trainierte viel in der Hitze, aber am Renntag wurde kühles und somit angenehmes Laufwetter vorhergesagt.

Am Donnerstag vor dem großen Wochenende plage mich auf einmal Durchfall, doch 1 Tag vor dem Rennen war zum Glück wieder alles in Ordnung. Nervosität und Vorfreude machten sich ab diesem Zeitpunkt bemerkbar.

Das Rennen

Ein besseres Laufwetter konnte man sich einfach nicht wünschen. Der Veranstalter hatte Bedenken vor zu starkem Wind in Rechnitz, aber dieser ist zum Glück ausgeblieben. Besorgt war ich noch, ob meine Chip Nummer wohl richtig registriert ist. In der Nacht bin ich mir auf einmal unsicher geworden. Mein Pulsgurt erschien mir zu locker, doch Dax Mario aus der „Wolko Junior Runners“ – Staffel half mir noch im letzten Moment diesen zu richten.

Kurz vor dem Start wurden alle Einzelläufer vorgestellt, und um Punkt 9 Uhr ist es dann wirklich ernst geworden. Meinen Zeit- bzw. Kilometer-Plan änderte ich kurzfristig. Ich verließ mich auf mein Gefühl und wollte mit einem Schnitt 5:30 Minuten/Kilometer beginnen, weil ja auch ein optimales Rennwetter vorherrschte. Die Konkurrenten begannen alle ziemlich schnell. Am Anfang ist es schwierig, den richtigen Rhythmus zu finden, und daher bremste ich mich ein wenig ein.

Mein Pulsgerät funktionierte nicht, und ich war am überlegen, ob ich es gleich weggeben sollte, aber schließlich funktionierte das elektronische Ding dann doch, und meine Pulsfrequenz war während des Rennens immer ein guter Anhaltspunkt. Ich bin auch ein begeisterter Bergläufer, und somit bereitete mir der Anstieg bei jeder Runde keine Probleme. Mein Betreuerteam setzte sich aus meinen 3 Neffen Steeve und Mäxxi Striok und Jäger Wolferl (called Webmaster) zusammen. Sie bildeten, ergänzt durch die Nachwuchshoffnung Mario Dax, die legendäre „Wolko Junior Runners“ – Staffel.

Ihr Ziel war es, einen Vorbereitungslauf für den Berlin-Marathon Ende September zu absolvieren, und somit begleitete mich jeder von Ihnen ca. 2,5 bis 3 Stunden. Dies hatte den Effekt, dass die Staffel den letzten Platz erreichte!

Jede halbe Stunde versuchte ich etwas zu trinken. Meine diesbezüglichen Wünsche gab ich immer eine Runde vorher meinem Betreuerstab bekannt, ohne den ich das ausgezeichnete Ergebnis nie geschafft hätte. Nach der 1. Stunde hatte ich bereits 9 Runden zu je 1173m absolviert, aber was soll man nach so einer kurzen Laufzeit schon sagen? Innerlich spürte ich, dass mir die ersten 6 Stunden keine Schwierigkeiten bereiten werden, aber was wird wohl danach sein?

Über den Marathon sagen böse Läufer: Nach 30km kommt der Mann mit dem Hammer, und was wird dann erst bei meinem 1. Ultralauf sein? Ab der 2. Stunde begleitete mich Steeve, welcher mich auf Grund des schnellen Lauftempos (ca. 5:10 min/km) einbremsen wollte. Mir war dies bewußt, aber ich dachte mir: „So lange es so gut geht laufe ich mit dieser Geschwindigkeit weiter“.

In der 2. Stunde bekam ich bereits ein Hungergefühl und ließ mich mit einem Power Riegel verpflegen. Nun konnte ich mir vom imposanten Starterfeld bereits ein Bild machen, versuchte zwischendurch mit Läufern ein wenig zu plaudern, um etwas abgelenkt zu werden.

In der 4. Stunde absolvierten bereits viele Läufer die Marathondistanz. Die Zwischenergebnisse interessierten mich in den ersten 5 Stunden nicht besonders, aber dann in der 2. Hälfte fragte ich immer neugierig nach. Steeve hat seine Sache ausgezeichnet erledigt, er erzählte mir vom schnellen Anfangstempo der Spitzenläufer, und zwischendurch hat er mir die einzelnen Läufer auch vorgestellt.

Nach 3:30 Stunden begleite mich Wolferl auf meinem langen Weg ins Ziel , und er hat mich bei 2 eher schwierigen Phasen sehr motiviert. Nach 4:30 Stunden verspürte ich bereits aufkommende Müdigkeit, versuchte nun zu essen und verstärkt Cola zu trinken. Während des Rundenlaufens dachte ich immer daran, was ich wohl als nächstes essen und trinken werde. Auf konsequente Ernährung habe ich sehr geachtet, um Krämpfe oder Einbrüche zu vermeiden. Vor dem Start war ich noch auf eine Wurstsemmel eingestellt, ich ließ es dann aber lieber bleiben. Meine liebe Mutti hat ja frische Käsestangerl gebacken, welches ich mir auch gegönnt habe. Die Esszeit dafür betrug genau 1 Runde.

Aber nicht nur mein eingespieltes Team betreute und begleitete mich bestens. Auch mit meinen Brüder Frank und Hansi, Papa und Heinz Müller, welche die „Wolko Senior Staffel“ bildeten, bin ich mitgelaufen. Zwischendurch haben sie immer wieder nachgefragt, ob es mir eh gut geht. Und Zurufe wie „Wolko du schaust super aus!“ haben mir sehr gut getan. Das ganze Publikum war sensationell.

Aber auch der Nachwuchs war um mich besorgt. Manuel, Anna Maria, Stefan und Philipp sind bei vielen Runden einige 100m mit mir mitgelaufen und gaben mir immer wieder nasse Schwämme zur Kühlung. Somit haben sie bereits ein Training für den Kinderlauf in Stinatz absolviert, wo sie erfreulicher Weise alle teilnehmen werden. Die Anfeuerungstruppe „Babywatch“, welche am nördlichsten Punkt der Strecke Stimmung machte, war mehr als Spitze. Fast bei jeder Runde haben sie meine Startnummer mit Namen genannt. Dort war auch immer die Station für meine Pinkelpausen, die ca. 10 mal stattfanden. Die Pinkelpausen habe ich mir einfach gegönnt, essen und trinken habe ich beim Laufen erledigt.

Nach 6:30 Stunden hatte ich einen großen Ermüdungseinbruch, ich entschloß mich für eine kohlenhydratreiche Ernährung in Form von Kartoffeln, die mir vom Begleiter Wolferl gereicht wurden. Ich brauchte nur essen und trinken, um das Halten und Zugeben der Nahrung haben sich immer meine Neffen gekümmert.

Meine Verpflegung während des Laufes sah folgendermaßen aus: Bananen, 1 Käsestangerl, 1 Müsliriegel, 2 x leere Suppe, Kartoffeln, 3 x Gel-Getränk, viel Wasser mit Supradyn, ca. 5 Liter Cola und 2 x Salzwasser.

Wolferl erzählte mir zwischendurch einiges vom Lauf- und Berufsleben in Berlin und bewunderte bereits ab diesem Zeitpunkt meine erreichte Leistung. Zwischen 7:30 und 9 Stunden ist es mir sehr gut gegangen, meine Rundenzeiten waren mehr als gut, und ich verspürte überhaupt keinen Einbruch. Auch der Gedanke, dass ich wieder einen 10 Stundenlauf absolvieren möchte, kam mir immer wieder, aber von einen 24 Stundenlauf möchte ich lieber noch Abstand nehmen.

Im letzen Drittel begleitete mich dann Mäxxi. Er erzählte mir von seinen vielen Frauenanrufen an diesem Tag, aber dies beschäftigte mich weniger. Im letzten Drittel hat mich Mäxxi immer wieder motiviert und meinte auch, er habe über mein Vorhaben vor einem halben Jahr noch gelächelt. Mein Rundenzähler machte immer einen ordentlichen Wirbel wenn ich bei Start und Ziel vorbei kam, vom Stausee kamen immer wieder Zurufe von meiner Nichte Anna Maria und vom Neffen Manuel. Und bei unserem Verpflegungs- und Partyzelt entlang der Strecke machten die Wolko Runners immer eine Superstimmung.
 

Somit wurde ich von den Fans ins Ziel getragen. Nach 9 Stunden wußte ich, dass ich bereits 101 km absolviert hatte und somit der südburgenländische Rekord, bis dahin gehalten von Hansi Peltzmann mit 104km, zum Greifen nahe lag. Dies kündigte auch Herbert Gossi immer wieder an, und er war ja selbst gespannt, ob ich eine neue Bestmarke aufstellen werde. Nach meinen persönlichen Rundenaufzeichnungen bin ich ca. 13 Runden in einem 5er Kilometerschnitt gelaufen, einmal konnte ich sogar das Tempo des Siegers laufen, was mich zum Schluss noch motivierte.

Nach 9:15 Stunden, als ich mein gestecktes Ziel bereits erreicht hatte, wollte ich so gut es geht nur mehr ins Ziel kommen. Die letzten drei ein halb Runden waren die langsamsten, ich verspürte dann schon kräftig den Anstieg nach Start und Ziel. Mäxxi habe ich angeboten, er könne alleine dem Ziel entgegen laufen, aber er hat mich bis zum Schluss tapfer begleitet. Das Pinkeln wollte ich mir zum Schluss noch verbergen, doch ich habe es mehr nicht ausgehalten. Zur Sicherheit habe ich mir auf den letzten Metern noch eine Banane gegönnt. Es war super ein super Gefühl, auf der letzten Runden vom Betreuerteam das Holzstück zu verlangen, welches nach dem Zielschuss die aktuelle Position der Läufer entlang der Strecke markieren sollte.

Ich gab aber auch meine Wünsche bekannt, ein frisches Leibchen und Handtuch sollten es sein. Ja und die letzte halbe Runde begleitete mich mein Betreuerstab laufend, den Zielschluss haben wir vor lauter Anfeuerung nicht gehört, aber als alle vor uns stehen blieben stoppte auch ich. Um nicht zu schummeln, habe ich das Holzstück nach rückwärts geworfen.

Es war ein unbeschreiblich schönes Gefühl, so eine tolle Veranstaltung mit einer derartigen Bombenstimung absolviert zu haben. Nun gab es noch ein Schlußfoto und ich wurde geschultert und gefeiert. Endlich konnte ich die Laufschuhe ausziehen, aber ich brauchte mich nicht zu beugen, Steeve hat dies für mich erledigt. Nun habe ich offiziell auch die Labestation aufgesucht, 2 Teller Nudelgerichte, Kaffee und Kuchen wurden eingenommen.

 Ich danke alle meinen Fans, meinem Betreuerstab, aber auch dem Veranstalterteam für diese außergewöhnliche familiäre Veranstaltung. Da ja 6 meine Lieblingszahl ist, würde ich beim 6. Stundenlauf im nächsten Jahr gerne wieder teilnehmen. Aber möglicherweise war es heuer die letzte Veranstaltung. Hoffen will ich das natürlich nicht. Trotz allem wünsche ich mir aber, im nächsten Jahr wieder in Rechnitz als Einzelläufer an den Start gehen zu können.