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Als ich mit 55 Jahren mit dem Triathlon begonnen habe, dachte ich nicht im entferntesten daran einmal in Hawaii finishen zu können. Ein Ereignis, welches viele Triathleten auf ihrer Wunschliste haben. Und obwohl ich vor der Qualifikation beim IMItaly 2019 eher skeptisch eingestellt war, konnte ich der Versuchung eines Starts in Kona, um welchen sich so viele Mythen ranken, nicht widerstehen.

Und es war ein sehr eindrucksvolles Erlebnis. Zwar anders als ich es mir vorgestellt und erwünscht habe, aber eindrucksvoll.

 

Ein Wettkampf vor der Haustüre ist eine feine Sache. Am Vorabend die Utensilien zusammenpacken, nach einer halbstündigen Autofahrt den Veranstaltungsort erreichen, entspannt das Rad einchecken und  auf das Schwimmen vorbereiten. Keine Warteschlange, keine langen Fußwege und alles kompakt vor Ort. Jeder der den Aufwand bei den großen Veranstaltungen kennt, weiß das zu schätzen.

Schwimmen

Foto: Benjamin Engel

Das weiche Wasser des Trumer Sees ist ein Genuß. Dieses Jahr starten auf der Mitteldistanz nicht einmal 200 Athleten. Die Staatsmeisterschaften auf der olympischen Distanz sind für Viele zu verlockend in einer Altersklasse einen Podestplatz abzuräumen, dementsprechend herrscht wenig Stress nach dem Startschuss und ich finde schnell meinen Rhythmus. Die Bojen sind gut zu sehen und bei der nachträglichen Recherche werde ich mich wundern, dass die Uhr 2100 Meter anzeigt. Ja, das eine oder andere Mal hatte ich schon das Gefühl von der Ideallinie abgekommen zu sein. Aber mit der Zeit von 38 Minuten bin ich zufrieden. 

 

“So, wir strecken nun alle die Hände in die Höhe, danach werde ich das Startkommando geben” tönt es aus dem Lautsprecher. Das Startkommando erübrigt sich, einer der vorne gereihten wirft sich ins Wasser und in einer Kettenreaktion wir alle hinterher. 15 Sekunden zu früh legen wir los, meine Frau wird mir die Geschichte nach dem Finish erzählen, wir Athleten hatten davon nichts mitbekommen.

Die Anmeldung erfolgte kurzfristig. Nachdem der Hawaii-Start wegen der Reisebeschränkungen zunehmend unsicherer wurde, wollte ich die Saison ohne einen weiteren Wettkampf nicht enden lassen. Und da kam mir der Mostiman in Wallsee, zugleich Austragungsort der österreichische Meisterschaften auf der olympischen Distanz, gerade Recht.

Meine Familie und ich sitzen am Meer und beobachten den hohen Wellengang. Die am flachen Sandstrand auslaufenden Wellen bäumen sich davor noch bedrohlich auf. Immer wieder kommen weitere Triathleten mit ihren Neoprenanzügen und bleiben vorerst andächtig stehen, um das Schauspiel zu beobachten. Ich war schon im Wasser und habe versucht etwas Harmonie zwischen meinem Kraulen und den Wellen zu bringen. Ich kann mir nicht vorstellen morgen bei diesen Bedingungen die 3,8km zu bewältigen.

Ironman Italy 2019 - Einen Tag davor

Ironman Italy 2019 Schwimmtraining      ©BenjaminEngel

Mein Sohn erklärt mir die Technik der Rettungsschwimmer. Sie schwimmen nicht auf den Wellen, sondern durchtauchen sie. Zum Erlernen ist es dafür zu spät. Einfach ruhig bleiben und auf weniger Wellen am morgigen Wettkampftag hoffen. Und die anderen zweitausend Athleten haben ja auch die gleiche Herausforderung

ÖSTM Mitteldistanz AK60-64
ÖSTM Mitteldistanz AK60-64

Es ist angenehm warm, als ich wenige Minuten vor meinem Start ins Wasser gleite, um mich einzuschwimmen. 17°C Luft- gegenüber 21°C Wassertemperatur. Mit bewährter Taktik, ganz links und hinten, reihe ich mich ein und nehme die erste gelbe Boje ins Visier. Von Beginn weg und nicht einmal bei den Bojen herrscht Gedränge, und ich finde rasch meinen bewährten Rhythmus und denke an die Tipps von meiner Schwimmlehrerin, die sie mir für den Sommer mitgegeben hat: Zügig und nicht in einer "Wurscht" schwimmen, mit Körperspannung und langen Beinen schwimmen! Wie erwartet überholen mich schon in der ersten der zwei Runden die schnellen Frauen der 5 Minuten hinter mir gestarteten Welle.

Röcksee
Röcksee am Morgen

Schon die Anreise durch das südoststeirische Hügelland ist ein Genuß. Registrierung und Rad-Check-in sind flott erledigt, und ich habe noch genügend Zeit das sonnige Wetter am Röcksee zu genießen. Erst beim Gang zum Schwimmstart bemerke ich meine fehlende Badehaube und laufe zum doch etwas entferntem Parkplatz. Gut aufgewärmt zwänge ich mich dann in meinem Neopren und eile zum Start.

Das Schwimmen im Meer ist eine Novität für mich. Der Test am Vorabend hat mich noch verunsichert. Hoher Wellengang und Schwierigkeiten beim Orientieren um nicht zu viel Salzwasser in den Mund zu bekommen. Aber heute ist das Meer ruhig. Immer wieder treiben in meinem Gesichtsfeld große weiße Quallen herum. Kein Problem und ungiftig hat man uns bei der Wettkampfbesprechung versichert. Nach dem Rennen werde ich erfahren, dass der Hautkontakt für Allergiker doch problematisch sein kann. Der Bruder vom Twitterfreund Guracell hat aufgrund einer allergischen Reaktion aufgeben müssen. Ich fühle mich wohl im Meer, Boje um Boje zieht an mir vorbei. Nach 2 km gibt es einen kurzen Strandgang um den Zuschauern die Athleten zeigen zu können. Klaudia und Anna feuern mich kräftig an, als ich zur zweiten Runde aufbreche. In den letzten Wochen habe ich meine bescheidenen Trainingsumfänge doch gesteigert, zum ersten Mal habe ich Energie durch ein paar kräftige Armzügen den einen oder anderen Mitstreiter zu überholen.

Ironman Nummer Vier, und der Letzte, so der Plan. Meine Familie begleitet mich mit ihrem noch am Vorabend entworfenen Transparenten zum Start. Aufgrund der Hitze der letzten Tage und des wahrscheinlichen Neoprenverbotes habe ich meine letzten Schwimmeinheiten darauf abgestimmt. Das gestrige Abendgewitter und der Hagel haben den Wörthersee aber gerade soweit abgekühlt, dass nun doch mit Neopren geschwommen werden kann.

Ironman Austria - Wörthersee