Venedig Marathon 2015

2015-10-Venedig07
Martin,ich und Thomas vor dem Start

Start ist in Sta, 25km außerhalb von Venedig vor der prachtvollen Villa Pisani. Schon auf der Hinfahrt mit den Shuttlebussen können wir die zahlreiche Villen, Landsitze der reichen Venezianer, entlang des Riviera del Branta bewundern. Die Sorge meines Lauffreundes Thomas zu weit hinten im Startbereich zu stehen zu kommen erweist sich als unbegründet. Es wird rigoros kontrolliert und dem Versuch vieler Läufer sich in vordere Bereiche zu schummeln der Boden entzogen. Hier im ländlichem Umfeld ist es merklich kühler als in Venedig, aber eine Diskussion über die Laufdress stellt sich nicht. Kurze Hose und kurzarmiges Shirt sind angebracht. Wenige Minuten vor dem Startschuss bringen sich die italienischen Marathonis in Stimmung und singen lautstark beim Abspielen ihrer Nationalhymne mit.

Schon kurz nach dem Start und einigen hundert Metern ist rhythmisches Laufen möglich. Ein Beweis, dass man durch Kontrollen bei den Eingangsbereichen auch bei einem schmalen Startbereich schon von Beginn weg für stressfreies Laufen sorgen kann. Thomas und ich spulen im beinahe konstantem Schnitt von 5min/km die erste Kilometer herunter. Bruder Martin hat sich etwas weiter hinten eingereiht, er will es um ein paar Sekunden langsamer angehen. Bis Mestre säumen an die 30 Musikgruppen die Strecke. In deren Nähe haben sich auch immer zahlreiche Zuschauer angesammelt und feuern uns an. Musikalisch wird meistens einfacher, stampfender Hardrock geboten. Den Nachwuchskünstlern ist ihre Begeisterung anzumerken am Sonntag Vormittag ordentlich „aufdrehen“ zu können.

Aber auch einige Marathonis, vorwiegend Italiener, machen Stimmung und feuern die Zuschauer tänzelnd und wild gestikulierend zum Applaudieren an. „Bravi, Bravi“ ist das Wort des Tages, welches immer wieder zu hören ist.

In der Innenstadt von Mestri werden wir für die davor liegende Strecke durch ödes Industriegebiet reichlich entschädigt. Viele Zuschauer und lautstarke Anfeuerungsrufe begleiten uns. Thomas hat mein Zureden erhört und sich allein auf den Weg gemacht, um seine geplante 3:30 Schallmauer zu knacken. Ich fühle mich noch immer gut, bin mir aber sicher das Tempo bis ins Ziel nicht halten zu können. Zum Kilometerschnitt von 5 Minuten kommt langsam aber stetig Sekunde um Sekunde dazu.

Im Gulianopark, den wir in einer großen Schleife durchlaufen, und wo wir gestern die Startnummern holten, beginnt es für mich mühsam zu werden. Bei Kilometer 30 greife ich gierig nach dem angebotenen Gel. Wenn es an der Organisation etwas zu bemängeln gibt, dann ist es das spärliche Angebot von isotonischen Getränken. Bis 25km wird nur Wasser gereicht, ich denke es liegt auch daran, dass die Läufer vermehrt auf ihre eigenen Gels zurück greifen.

Ab Kilometer 32 beginnt dann die 4 Kilometer lange Brücke nach Venedig. Eine endlose Gerade und nur langsam rückt der Campanile di San Marco näher. Links donnern die Züge vorbei, rechts stockt der Autoverkehr und in der Mitte auf den Schienen der heute eingestellten Straßenbahn sehnsüchtig nach vorne starrende, um jeden Meter kämpfende Athleten. Zunehmend bleiben Läufer stehen, stützen sich mit ihren Armen an den abgrenzenden Betonabsperrungen ab und versuchen ihre Krämpfe rauszudehnen.

Ungefähr in der Mitte der Brücke taucht dann die langersehnte Labestelle auf. Hier ist Iso reichlich vorhanden, ich trinke ausgiebig und tauche mehrmals meine Laufkappe in die bereitgestellten Wasserbottiche, um den Kopf zu kühlen.

Nach der Brücke beginnt noch eine 2 Kilometer lange trostlose Strecke durch das Hafengebiet, aber dann taucht sie auf, die erste der langersehnten Kanalbrücken. Die Stufen sind für uns durch langgezogene Bretterampen überdeckt und es knarrt laut, wenn wir schweren Schrittes darüber trampeln. Ich kontrolliere meine Kilometerzeiten nicht mehr, ein untrügliches Zeichen, das mir die Endzeit egal geworden ist. Die pittoresken im Sonnenschein strahlenden Gebäude, den Applaus der Zuschauer, den näher rückenden Campanile : aufsaugen, einatmen, genießen und kämpfen.

Die Strecke über den Markusplatz ist großartig. Meine Frau wird mir später erzählen, das am Vormittag der Platz noch überschwemmt war, aber jetzt ist er trocken und vollgestopft mit Zuschauern und Touristen. Ich genieße jeden Meter.

Auch der letzte Kilometer bis ins Ziel ist imposant. 2 Jahre ohne Marathon, verursacht durch eine sehr hartnäckige Achillesverletzung, liegen hinter mir. Aber es ist wieder soweit. Ich bin wieder Marathoni und überquere stolz die Ziellinie. Ich kann es noch und das ist schön.

2015-10-Venedig02
Ich und Martin im Ziel

Ergebnisse :

Wolkowitsch Franz Stnr 4980 Ak55 Platz 70 in 3:41:00
Wolkowitsch Martin Stnr 2860 Ak50 Platz 288 in 3:47:46