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Ein Menschengewühl im Klagenfurter Strandbad. Der Wörthersee glitzert im Sonnenlicht. Die Triathleten zwängen sich in ihre Neoprenanzüge, meistens umringt von ihren mitgereisten Ehefrauen, Kindern, Eltern oder Freunden. Ehe ich mich in die Startzone begebe, umarme ich meine Frau, meine Kinder, meinen Bruder Martin und Christa. Plötzlich durchströmt ein intensives Gefühl meinen Körper und Tränen schießen mir in die Augen. Ich drehe mich kurz weg und begebe mich in die Startzone.

 

Als einer der Letzten gleite ich ins Wasser, tauche kurz unter und schon geht es los. Ich habe ausreichend Platz und orientiere mich an den vor und neben mir Schwimmenden, da ich noch keine Richtungsboje sehen kann.  Irgendetwas passt mit meinem Nackenverschluss nicht und reibt bei jedem Atemzug. Verdammt denke ich mir, nach 3,8 km bin ich da wundgescheuert. Nach ca. 1 km stoppe ich und es gelingt mir,  die unter dem Verschluss eingewickelte Leine heraus zu ziehen. Bei den nächsten Zügen atme ich erleichtert auf, der Schmerz ist weg. 

„Das Schwimmen  ist das Leichteste“  hatte mir mein Bruder Martin immer wieder gesagt, wenn wir von meinem großen Tag gesprochen hatten.  Es stimmt.  Nach 3 km erreiche  ich  den Lendkanal und halte nach einem großen Transparent Ausschau, welches meine Kinder Anna und Manuel vorbereitet haben.  Als ich schon beinahe die Hoffnung aufgegeben habe, sehe ich es: „Papa du schaffst es „ , steht darauf in großen Lettern. Ich hebe ein paarmal die Hand aus dem Wasser und rufe, damit meine mitgereisten Fans mich orten können. Sie feuern mich ab nun begeistert an und begleiten mich den Rest der Schwimmstrecke.

Die Radstrecke ist wirklich schön und vom Gelände her ähnlich meinen Trainingsstrecken im Wienerwald. Immer leicht bergauf und bergab, aber keine wirklich harten Steigungen. Besonders bei den längeren  Anstiegen säumen die Begleitpersonen der Triathleten,  die aus aller Welt angereist sind, die Strecke und feuern uns begeistert an. In den Orten selbst werden wir oft von den Einheimischen lautstark begrüßt. 

Den Rupertiberg, der mir öfters als „Knackpunkt“ beschrieben wurde, habe ich mir schwieriger vorgestellt. Es kann aber auch daran liegen, dass dort die Stimmung wirklich beeindruckend war und man wahrscheinlich  von Moderation, Musik und  Zuschauern angetrieben die Anstrengung nicht spürte.

Ich „duelliere“ mich immer wieder mit den gleichen Triathleten. Bei den Anstiegen überhole ich sie, bei den Abfahrten überholen sie mich. Die Meisten forcieren, wenn es eben ist und leicht bergab geht , schalten aber sofort bei den Anstiegen zurück.

Am Beginn der zweiten Runde feuern mich Martin und Christa an und  zum ersten Mal wage ich eine Hochrechnung auf die mögliche Endzeit. Ich spüre, dass es eine tolles Ergebnis werden könnte. Das motiviert mich zusätzlich, zumal ich mich noch relativ locker fühle. Nun kenne ich auch schon  die Strecke und als ich den Rupertiberg zum zweiten Mal erklommen habe, weiß ich,  dass das Radfahren gelaufen ist. Die restlichen Kilometer geht es fast ausschließlich leicht bergab.

Nach 6 Stunden und 180 km (auf meinem Radtacho sind es ein paar km weniger) schlüpfe ich in die Laufschuhe. Ich folge einer Triathletin unmittelbar vor mir und stehe plötzlich gemeinsam mit ihr vor einer Absperrung. Wir hätten den Weg nicht außen, sondern durch das Umkleidezelt nehmen müssen. Aber schon ist ein Streckenposten da und weist uns den Weg.

Ich finde schnell meinen Rhythmus. Es ist ein schöner Tag und es wird einer  bleiben. Das Finale einer 18 monatigen Vorbereitung. Meine Fans stehen im Europapark, den ich 5 Mal zu durchlaufen werde, und feuern mich an. Ich versuche noch,  meinem Körper Energie mit einem Gel zu zuführen,  aber ich merke,  dass mein  Magen seine Tätigkeit bereits eingestellt hat.  Ich laufe keinen Marathon, sondern 4x10 km und dann noch 2,2 km. Das ist gedanklich leichter zu schaffen. Bis zum Halbmarathon fließt es, dann wird es anstrengend.

Ein flaues Gefühl breitet sich aus. Ich nehme nun nur mehr Iso und Cola und kühle bei jeder Gelegenheit den Kopf mit Wasserschwämmen. Ich schließe immer wieder kurz die Augen und hole mir die Pulsingstunden, denke an das angenehme wohlige Gefühl, wenn mein Körper in Schwingungen versetzt wird.  Dann besuche ich die Yogastunden und atme bewusst in alle Körperteile. Eine Szene von heute früh fällt mir ein. Ein schon nervöser Triathlet mit seinem Begleiter, einem Finisher: „Vergiss nicht, immer daran zu denken, wie es im Ziel sein wird“ und das wiederholte er mehrmals. Ich denke nun auch daran.

Die letzte Wende beim Lindwurm, nun dauert es nur noch wenige Kilometer bis ins Ziel. Die Füße fühlen sich als brennende Maße an, aber sie funktionieren noch. Sie laufen. Es geht den Lendkanal entlang. „In dieser unansehnlichen Brühe bin ich heute Morgen geschwommen“ denke ich. Der Europapark taucht auf. Noch 2 Kilometer.  Ich überhole Läufer um Läufer. Ein paar hundert  Meter vor dem Ziel feuern mich meine Lieben  nochmals an, ehe ich in die Zielgerade einbiege.

 

Ich balle die Hände zu Fäusten und strecke die Daumen hoch. Ich schwebe. Das Publikum tobt. Ein Hexenkessel. Die Zeittafel zeigt 11:27, als ich die Ziellinie überquere. Eine für mich unglaubliche Zeit. Ich bin glücklich. Das Projekt  55 ist finalisiert.

Und das nächste Projekt wartet : Tanzschule Heidenreich

 

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